Viel Drehmoment bei niedriger Drehzahl: Der Reihenschlussmotor

Der Reihenschlussmotor ist ein außergewöhnlicher Elektromotor. Insbesondere massereiche Maschinen wie etwa Straßenbahnen wurden viele Jahre mit dem Reihenschlussmotor angetrieben. Auch wenn Straßenbahnantriebe technisch heute anders gelöst werden, ist dies ein sehr gutes Beispiel, um die Funktionsweise von Reihenschlussmotoren zu erklären. In kleineren Versionen ist er ebenfalls in LKW-Motoren als Anlasser verbaut. Doch warum ist das eigentlich so und was macht den Aufbau von dem Reihenschlussmotor besonders?

Um massereiche Gegenstände in Bewegung zu versetzen, benötigt man gerade bei geringen Drehzahlen ein hohes Drehmoment.
Genau das kann der Reihenschlussmotor mit seinem Aufbau leisten. Ein sehr schweres Objekt wie ein Elektro-Zug kann deshalb mit ihm leicht in Bewegung versetzt werden, weil er aus dem Stand dieses riesige Drehmoment erzeugen kann. Wie funktioniert das und was sind die wesentlichen Eigenschaften des Reihenschlussmotors?
- Der Reihenmotor benötigt einen magnetisch leitfähigen Stator
- Dieser Stator ist mit einer Spule mit wenigen Windungen umwickelt und hat somit einen geringen elektrischen Widerstand
- Somit wird das Magnetfeld stark durch den Anker (Rotor) beeinflusst
- Hohes Drehmoment bei niedriger Drehzahl
- Eine hohe Drehzahl aufgrund niedriger Last kann einen Reihenschlussmotor zerstören
- Ein Reihenschlussmotor kann auch mit Wechselstrom betrieben werden
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Der Reihenschlussmotor braucht nur eine Stromquelle
In seinem Aufbau unterscheidet sich der Reihenschlussmotor nicht allzu sehr von einem fremderregten bzw. Permanenterregten Gleichstrommotor. Der Stator besteht allerdings nicht wie bei einem permanenterregten Gleichstrommotor aus einem Permanentmagneten, sondern aus einem leitfähigen Material wie Eisen. Dieser ist mit einer Spule umwickelt, die ebenfalls den Kommutator und damit den Anker aus der gleichen Quelle mit Strom speist.
Wie der Name Reihenschlussmotor vermuten lässt, sind bei ihm Spule am Stator und Anker in Reihe geschaltet. Zum Vergleich: Bei einem Nebenschlussmotor werden Anker und Spule parallelgeschaltet, haben aber dennoch dieselbe Gleichstromquelle. Der fremderregte Gleichstrommotor hingegen hat Anker und Spule an zwei voneinander unabhängige Stromkreisläufe angeschlossen.
Stator braucht geringen Widerstand
Der Reihenschlussmotor muss an der Aufwicklung am Stator einen deutlich geringeren Widerstand aufweisen als etwa ein Nebenschlussmotor, um einwandfrei funktionieren zu können. Die Wicklung um den Anker hat dadurch erheblich weniger Windungen.
Das aber schmälert die Kraft des Magnetfeldes, welches jetzt beim Reihenschlussmotor erzeugt wird, in keinster Weise im Vergleich zu den anderen Konstruktionsweisen eines Elektromotors. Durch die geringere Anzahl an Windungen wird lediglich verhindert, dass der Widerstand am Anker durch das Magnetfeld zu groß wird.
Anker regelt das Magnetfeld
Wie stark das Magnetfeld der Spule am Stator schließlich wird, ist daher stark vom selbst Anker abhängig. Bei der Bauweise eines Reihenschlussmotors muss der Anker demnach den Widerstand aufbauen.
Da der Anker die mechanische Arbeit des Reihenschlussmotors verrichtet, benötigt er selbst ein hohes Gegenmoment, da sonst seine Drehzahl sehr hoch ansteigen wird. Dieses Gegenmoment kann dann etwa durch massereiche Objekte wie zum Beispiel einem Zug erfolgen.
Geringes Drehmoment – hohe Drehzahl
Somit erzeugt der Reihenschlussmotor im niedrigen Drehzahlbereich ein sehr hohes Drehmoment. Perfekt, um massereiche Objekte anfahren zu lassen bzw. in Bewegung zu versetzen. Umgekehrt bedeutet dies allerdings auch, dass bei einem niedrigen Drehmoment die Drehzahl steigt. Aufgrund der Fliehkräfte am Anker wird der Motor beschädigt bzw. verklemmt die Ankerwicklung innerhalb des Stators. Dies kann im Extremfall den Motor zerstören!
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Termin vereinbarenDer Reihenschlussmotor und die Straßenbahn
Mit dem Blick auf eine Straßenbahn ergibt sich folgende Situation: Die Straßenbahn fährt an oder einen Berg hinauf, benötigt also viel Kraft. Das erfordert ein hohes Drehmoment und bringt folglich eine niedrige Drehzahl. Die Straßenbahn mit Reihenschlussmotor setzt sich also langsam in Bewegung oder wird am Berg langsamer. Allerdings benötigt sie jetzt auch eine große Menge an Leistung des Reihenschlussmotors, um zu fahren.
Nun kommt die Straßenbahn aber an eine Stelle, die bergab führt. Der Reihenschlussmotor wird nun gar nicht mehr beansprucht, denn die Bahn rollt jetzt den Berg hinunter. Und da jetzt das Drehmoment sinkt, steigt zugleich die Drehzahl des Reihenschlussmotors. Die Drehzahl steigt exponentiell an und würde die Bahn noch beschleunigen, sodass er vom Fahrwerk der Straßenbahn getrennt werden muss. Doch jetzt fehlt jeglicher Widerstand, da keine Masse mehr mit dem Anker vom Reihenschlussmotor verbunden ist.
Was passiert nach der Trennung? Der Motor würde den Fahrgästen der Straßenbahn um die Ohren fliegen, wenn er keinen neuen Widerstand am Anker bekommt. Natürlich kann man im allergrößten Notfall den Motor auch einfach abstellen, aber es gibt noch die Möglichkeit, einen weiteren Widerstand dazuzuschalten. Durch den zusätzlichen Widerstand wird der Ankerwiderstand so stark erhöht, dass sich das Magnetfeld schwächt und der Anker sich langsamer dreht.
Durch das Wegfallen der Last z.B. durch ein defektes Getriebe oder eine gebrochene Welle erreicht der Reihenschlussmotor demnach einen kritischen Zustand.
Aus diesem Grund sollte kein DC-Motor ohne Strombegrenzung bzw. ohne ein Regelgerät mit entsprechender Schutzfunktion betrieben werden.
Der Reihenschlussmotor im Alltag
Kleinere Versionen des Reihenschlussmotors mit Wechselstrombetrieb finden sich auch in ganz normalen Haushaltsgeräten. Wichtig ist, dass diese Geräte einen permanenten Widerstand erzeugen, damit der Motor nicht durch die hohe Drehzahl kaputt geht.
Ein gutes Beispiel für einen permanenten Widerstand, der viel Leistung benötigt, befindet sich etwa in einem Staubsauger. Dieser benötigt viel Leistung, also ein hohes Drehmoment, und erzeugt mit der angesaugten Luft immer einen Grundwiderstand, der die Drehzahl vom Reihenschlussmotor begrenzt.
FAQ:
Wie funktioniert ein Reihenschlussmotor?
Eine Spule ist beim Reihenschlussmotor um den Stator gewickelt und mit dem Anker in Reihe geschaltet. Die erzeugten Magnetfelder an Stator und Anker stoßen sich gegenseitig ab. Der Anker ist als einziges Bauteil beweglich, sodass er sich dreht.
Warum geht der Reihenschlussmotor durch?
Der Reihenschlussmotor erzeugt bei niedriger Drehzahl ein hohes Drehmoment und umgekehrt. Wird er nicht beansprucht oder ist keine Grundwiderstand am Anker angeschlossen, so sinkt das Drehmoment und die Drehzahl steigt exponentiell an.